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Winshluss: Pinocchio

Carlo Collodis 1881 erstmals erschienene Geschichte vom hölzernen Bengele Pinocchio hat sich als äußerst solider Mythos erwiesen. Obwohl Walt Disneys Trickfilmversion von 1940 ein bis heute unübertroffener Höhepunkt des Genres ist, blieb noch reichlich Raum für weitere Interpretationen des Stoffes, wobei wir über die Verfilmung von (und leider auch noch mit) Roberto Benigni oder das Disney-Remake von Robert Zemeckis besser schweigen wollen.

Winshluss, der unter seinem richtigen Namen Vincent Paronnaud Co-Regisseur von Marjane Satrapis äußerst gelungener Verfilmung ihres Comics Persepolis war, hat die Tatsache dass es zahllose Versionen von Pinocchio gibt in seine Comicversion eingearbeitet. Daher wechseln von Kapitel zu Kapitel fröhlich die Zeichenstile. Dabei hat der Leser bzw. Betrachter (Text ist eher Mangelware) oft den Eindruck besonders prachtvoll gestaltete Sonntagsseiten von klassischen Comicserien in den Händen zu halten.

Inhaltlich hingegen wird ganz schön starker Tobak geboten. So ist Pinocchios Schöpfer Geppetto bei Winshluss alles andere als ein rührender alter Spielzeugmacher, sondern versucht dem Militär seine lebendige Puppe als Kampfroboter anzudrehen. Noch stärker als über Disneys Pinocchio macht sich Winshluss über dessen ersten abendfüllenden Zeichentrickfilm lustig. In einer Rahmenhandlung gehen die sieben Zwerge alles andere als pfleglich mit dem im Glassarg ruhenden Schneewittchen um.

Diese visuell höchst aufregende aber teilweise auch ganz schön derbe Version von Pinocchio erhielt 2009 auf dem 36. „Festival International de la Bande Dessinée“ in Angoulême den Preis für das beste Album. Diesem Votum schloss sich 1 ½ Jahre später die Jury des 14. Internationalen Comic-Salon Erlangen an und wählte den Prachtband zum “besten internationalen Comic“. Nachdem die gebundene Erstausgabe von 2009 schon lange vergriffen ist, hat der avant-verlag eine Neuausgabe als Softcover veröffentlicht.

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