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Die DEFA Indianerfilme

1965 beschloss die ostdeutsche DEFA eigene Indianerfilme zu drehen. Eine Gesamtedition von Filmjuwelen präsentiert insgesamt vierzehn zwischen 1965 und 1983 entstandene DEFA-Western auf DVD oder Blu-ray, darunter alle zwölf Indianerfilme mit Gojko Mitić.

Der in Serbien geborene Gojko Mitić war bereis ab 1961 in seiner Heimat als Stuntman in italienischen und britischen Produktionen tätig. Kleinere Rollen spielte er in westdeutschen Karl-May-Filmen wie Old Shatterhand, Winnetou Teil 2 und 3 oder Unter Geiern.

Daher war er die ideale Wahl für die Hauptrolle in Die Söhne der Großen Bärin. Der Film erreichte 1965 in der DDR mehr als zehn Millionen Zuschauer, bei einer Gesamteinwohnerzahl von 17 Millionen! Vorlage waren die Indianer-Romanen der Autorin und Historikerin Liselotte Welskopf-Henrich die auch das Drehbuch schrieb. Da kein DEFA-Regisseur bereit war, so etwas Profanes wie einen “DDR-Winnetou“ zu drehen, kam der Tscheche Josef Mach zum Einsatz.

Genau wie bei den westdeutschen Karl-May-Filmen fungierte das ehemalige Jugoslawien als Drehort, die DEFA drehte jedoch nicht in Kroatien, sondern in Montenegro, sowie im sächsischen Elbsandsteingebirge und natürlich in Babelsberg. In Sachen Action konnte locker bei der westdeutschen Konkurrenz mitgehalten werden, zumal Gojko Mitić seine nicht eben wenigen Stunts selbst ausführte. Dabei ist aus heutiger Sicht erschreckend, wie rücksichtslos mit den Pferden umgegangen wurde.

Mitić spielte Tokei-ihto, den Häuptling der Söhne der großen Bärin. Nachdem auf dessen Stammesgebiet Gold gefunden wurde, muss sich Tokei-ihto mit Fred Clark, genannt Red Fox auseinandersetzen, der herrlich fies vom auch als “Clown Ferdinand“ bekannten Tschechen Jiří Vršťala verkörpert wurde. Dass den Bärensöhnen ihr Land vom “großen weißen Vater“ vertraglich zugesichert wurde, interessiert Red Fox eher wenig.

In seinem Western-Lexikon nahm Joe Hembus nicht alle DEFA-Indianerfilme auf und bezeichnete Die Söhne der Großen Bärin als einen “rührend unbeholfenen Versuch“. Doch für den 1967 entstandenen zweiten DEFA-Indianerfilm Chingachgook, die große Schlange mit Gojko Mitić in der Titelrolle fand der westdeutsche Filmjournalist nur lobende Worte: „Die beste unter den vielen Cooper-Verfilmungen, auch wenn sie vor lauter Problembewusstsein den Cooperschen Humor zu kurz kommen lässt.“

In der Tschechoslowakei und in Rumänien wurde James Fenimore Coopers dritter Lederstrumpf-Roman Der Wildtöter verfilmt. Die Geschichte spielt circa 1740, als Franzosen und Engländer in Nordamerika die dort lebenden Indianerstämme in ihrem Krieg mit hineingezogen haben.

Bezüglich Spannung, Action und Schauwerten kann es Chingachgook, die große Schlange locker mit dem legendären zwei Jahre später entstandenen ZDF-Weihnachts-Vierteiler mit Helmut Lange aufnehmen. 

Auch in Sachen “Problembewusstsein“ liegt die DEFA vorne. So ist es nicht nur literarisch und ideologisch, sondern auch historisch korrekt, wenn am Anfang des Films Horst Preusker als britischer Hauptmann Warley die Sachlage wie folgt erklärt: “Die Krone braucht Land. Macht. Reichtümer. Wir müssen uns ranhalten. Wir bezahlen die Delawaren. und die Huronen sind die Söldner der Franzosen. Und so bleibt uns nichts weiter übrig, als auf beiden Seiten bis zum letzten Indianer zu kämpfen.“

Während Pierre Brice immer als Winnetou auftrat, war Gojko Mitić auch im dritten DEFA-Indianerfilm Spur des Falken wieder in einer anderen Rolle zu sehen. Als Dakota-Häuptling Weitspähender Falke zeigte er wieder großen körperlichen Einsatz, spielte aber genaugenommen nicht die Hauptrolle in diesem Werk, das eher ein Western als ein “Indianerfilm“ ist.

Der Schurke Joe Bludgeon wird mit viel diabolischen Charisma von Hannjo Hasse verkörpert und unter seinen Missetaten leiden nicht nur die Indianer, sondern auch die weißen Siedler. So spielt Helmut Schreiber den besonnenen Sam Blake, der fairen Handel mit den Indianern betreibt und dem die Ausbeuterei von Bludgeon zutiefst zuwider ist.  

Inszeniert wurde Spur des Falken von renommierten DEFA-Regisseur Gottfried Kolditz (Im Staub der Sterne). Da der im Sommer 1987 gestartete Chingachgook, die große Schlange in der DDR große Erfolge bei Open-Air-Vorführungen auf Freilichtbühnen oder Zeltplätzen feierte, stand diesmal bei den Dreharbeiten im Kaukasus in Georgien ein beachtliches Budget für eine Unmenge von berittenen Statisten zur Verfügung.

Sehr gut zur Geltung kommt auch die sehr viel beeindruckender als im ersten Teil von Winnetou aussehende Eisenbahn der Union Pacific. Extra hierfür wurde vom VEB Lokomotivbau „Karl Marx“ Babelsberg eine alten Rangierlok umgebaut.

Der Film war ein großer Erfolg und daher 1969 entstand mit Weiße Wölfe eine Fortsetzung. Erstmals war der Name von Gojko Mitić, der wieder die Rolle von Weitspähender Falke spielte, erstmals gleich am Anfang des Vorspanns zu sehen, während die übrige Besetzung, wie bei der DEFA üblich, am Ende der Credits gelistet wird.

Viele weitere Darsteller aus Spur des Falken, wie Helmut Schreiber als Sam Blake und Fred Delmare als dessen Sidekick Peter Hille, sowie Barbara Brylska und Holger Mahlich als diesmal heiratendes Liebespaar, kamen ebenfalls erneut zum Einsatz.

Auch Rolf Hoppe war wieder in einer Schurkenrolle zu sehen. Hoppe hatte viel Spaß bei den Dreharbeiten und entpuppte sich als erstaunlich guter Reiter. Nach seiner “Westernkarriere“ kam er u. a. als Märchenkönig in Drei Haselnüsse für Aschenbrödel und als Hermann Göring in István Szabós Mephisto zum Einsatz.

„Die Indianer waren geschlagen. Die Stärksten und Rücksichtslosesten unter den neuen Herren des Landes konnten schnell Reichtum und Macht anhäufen. Dabei ging unter dem harten Zugriff des weißen Amerika die Tragödie des indianischen Prärievolkes seinem Ende zu.“ Nach diesem eigesprochenen Prolog beginnt Weiße Wölfe als großes Indianer-Drama.

In brutalen Bildern wird gezeigt, wie Stämme rücksichtslos aus den ihnen zugewiesenen Reservaten vertrieben und Häuptlinge ermordet werden. Doch langsam aber sicher spielt sich eine eher konventionelle Wildwest-Geschichte in den Vordergrund, in der gute Siedler gegen böse Geschäftsleute antreten, während die amerikanischen Ureinwohner dabei zuschauen.

Das ist durchaus spannend in Szene gesetzt, erfüllt jedoch den in der ersten Viertelstunde angekündigten gesellschaftskritischen Anspruch nur noch punktuell. Das Finale ist dann wieder ganz großes Kino und hier kann Gojko Mitić endlich richtig aufdrehen. Wenn danach zwei Sympathieträger aus Frust ihre Sheriffsterne ablegen, ist das ein starkes Schlussbild.

Bei Tödlicher Irrtum wurde 1970 im Vorspanns anfangs nicht nur der Name von Gojko Mitić genannt, sondern gleichberechtigt auch noch Armin Mueller-Stahl. Dieser steht als Chris Howard im Zentrum der Handlung und macht als coller Westernheld eine sehr gute Figur.

Vor dem Vorspann ist aber auch noch zu sehen, wie in der Nähe von Windriver-City auf dem Gebiet eines Indianerreservats Erdöl gefunden wird. Bei Rot und Weiß herrscht einhellige Freude über diesen Fund, doch schon nach wenigen Jahren hat sich das Blatt gewendet.

Der zwielichtige Allison (Rolf Hoppe ist jetzt der Oberschurke) ist der örtliche “Ölprinz“ und wirtschaftet ohne staatliche Konzession in die eigene Tasche. Doch er hat die Rechnung ohne Chris Howard gemacht.

Dem Regisseur Konrad Petzold, der bereits Weiße Wölfe inszenierte gelang eine ebenso spannende wie international konkurrenzfähige Mischung aus Gesellschaftskritik und Drama .  

Was da 1975 unter dem Titel Blutbrüder in die DDR-Kinos kam, kann durchaus als ein cineastischer Vorfahre von Kevin Costners fünfzehn Jahre später entstandenem mit sieben Oscars prämierten Hollywood-Hit Der mit dem Wolf tanzt bezeichnet werden.

Genau wie der von Kevin Coster verkörperte Lieutenant John Dunbar ist die Hauptfigur bei der US-Kavallerie und entsetzt darüber, wie brutal seine Kameraden gegen Indianer vorgehen. Auch der DEFA-Blutsbruder lässt sich auf die Kultur der US-Ureinwohner ein und verliebt sich erfolgreich in eine Indianerin.

So weit so gut, doch das Hauptproblem von Blutbrüder heißt Dean Reed, alias Der rote Elvis. Der der in die DDR gezogene 1938 in Denver geborene ebenso überzeugte wie eitle Kommunist spielt nicht nur – häufig ein Hemd in FDJ-Blau tragend – die Hauptrolle, sondern schrieb auch noch das Drehbuch, wodurch er Gojko Mitić zu einer Nebenrolle verdonnern konnte.

Das Resultat ist reich an Schauwerten und Action. Zudem überzeugt Gisela Freudenberg, die später die Sara Soleder in der Serie Löwengrube spielte, in der weiblichen Hauptrolle als Indianerin Rehkitz. Doch der von Reed verkörperte Harmonika – Spiel mir das Lied vom Tod lässt grüßen – agiert am Rande des Lächerlichen. Daher wurde 1975 nicht er, sondern Mitić für seine Rolle in Blutsbrüder mit dem Filmpreis des DDR-Jugendmagazins Neues Leben ausgezeichnet.   

Auf der Blu-ray zu Blutsbrüder, die in der Box mit den DEFA-Indianerfilmen enthalten ist, wird vor dem Hauptfilm noch ein wunderlicher Aperitif gereicht. In einem vierminütigen Video ist Dan Reed zu erleben, wie er selbstbewusst in gebrochenem Deutsch verkündet, dass gleich ein Liebesfilm zu sehen ist. Zuvor schmettert er noch mit einer Überdosis von Pathos den leicht nervigen Song Love your brother, but your hate your enemy!

Bei Filmjuwelen ist eine sehr schöne Blu-ray-Edition mit den hier aufgeführten 14 DEFA-Indianerfilmen erschienen. Die vierzehn Scheiben werden die in vier Boxen geliefert, die in einem Schuber stecken. Das Bonusmaterial wurde größtenteils von der DVD-Collection “Ein Leben als Indianer – Hommage an Gojko Mitic“ übernommen: Interview mit Gojko Mitic (93 min), Doku “Gojko Mitic – Im weiten Land der Apachen“ (28:48 min) und Interview mit Rolf Hoppe (12 min). Hinzu kommen: „Ein Blackwood-Indianer zu Besuch“ (9:10 min). Gespräch mit Aufnahmeleiter Fritz Frost (8:07 min). In Sachen Booklet sieht es jedoch mau aus. Die Veröffentlichungen von Filmjuwelen überzeugten bisher durch ihre edle Ausstattung mit Schuber und reich bebilderten Büchlein. Letzteres wurde zwar auch diesmal versiert von Fabian Tietke und Rolf Giesen zusammengestellt und in gewohnter Form layoutet, ist jedoch nur digital erhältlich.

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