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Klaus Barbie: Der “Schlächter von Lyon“

Das Vorwort zu diesem Buch stammt von Beate und Serge Klarsfeld, die “unlängst die Helden einer anderen Graphic Novel“ waren. Die Klarsfelds haben “Nazi-Schlächter und ihre französischen Komplizen unermüdlich verfolgt“, doch “keine Bücher über sie geschrieben“, denn “sie haben uns nie fasziniert.“

Tatsächlich besteht bei (Comic-) Biografien über Kriegsverbrecher, NS-Massenmörder und Folterer wie Josef Mengele oder Adolf Eichmann, die Gefahr, dass diese das falsche Publikum erreichen oder in die Nähe von pop-ikonischen Übeltätern wie Norman Bates oder Hannibal Lecter gerückt werden.

Zudem dürfte das Cover dieses Comics, das den gerade seine Handschuhe anziehenden Klaus Barbie in ordensgeschmückten und gutsitzender Naziuniform zeigt, auch Rechtsradikale ansprechen. Inhaltlich besteht die Gefahr, dass die Lebensgeschichte eines Mannes Faszination erwecken könnte, weil dieser sich immer wieder trickreich der Strafverfolgung entzogen hat und nach dem Krieg für die USA spionierte, sowie für den Bundesnachrichtendienst arbeitete.

Doch genau wie die Klarsfelds verfolgt auch die Graphic Novel das Ziel, nicht die Geschichte des Täters zu dokumentieren, sondern die „Opfer und die Umstände ihrer Ermordung.“ Die zweite Hälfte des Comics schildert dann auch sehr detailliert den Verlauf des dritten Prozesses gegen Klaus Barbie.

Dieser wurde in Bolivien wegen Steuerhinterziehung verhaftet, nach Frankreich ausgewiesen und 1987 in Lyon wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt. Für die Deportation von 842 Menschen wurde zu lebenslanger Haft verurteilt. Vor Gericht sagten 149 Zeugen aus, die entsetzliche Dinge über Barbie erzählten, der mit großer Grausamkeit gegen Mitglieder der Resistance und selbst gegen jüdische Waisenkinder vorgegangen war. Dabei wurde er immer wieder auch persönlich handgreiflich und folterte Häftlinge.

Der Autor Frédéric Brrémaud dokumentiert in der Graphic Novel ausführlich die Aussagen von zahlreichem und mit Jean-Claude Bauer wurde der optimale Zeichner gefunden. Dieser war 1987 beim Barbie-Prozess in Lyon als Gerichtszeichner dabei und seine damaligen Skizzen dienten als Vorlage für den mitreißend in Szene gesetzten Comic.

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Beate und Serge Klarsfeld: Die Nazi-Jäger

“Nazi, tritt zurück!“ rief Beate Klarsfeld am 2. April 1968 von der Besuchertribüne des deutschen Bundestages dem damaligen Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger zu.  Dieser war bereits Anfang 1933 in die NSDAP eingetreten und arbeitete während des Kriegs als Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes mit dem Reichspropagandaministerium von Joseph Goebbels zusammen.

Beate und Serge Klarsfeld: Die Nazi-Jäger

Am 7. November 1968 gelang es Klarsfeld mit Hilfe des französischen Presseausweises ihres Ehemanns Serge beim CDU-Parteitags in Berlin so nahe an Kiesinger heranzukommen, dass sie diesem eine schallende Ohrfeige verpassen und dabei “Nazi, Nazi, Nazi!“ rufen konnte. Von diesem wichtigen Moment der deutschen Nachkriegs-Geschichte gibt es kein Foto. Doch in einem von Pascal Bresson geschriebenen Comic hat der Zeichner Sylvain Dorange die Ohrfeige visualisiert.

Beate und Serge Klarsfeld: Die Nazi-Jäger
Alle Abbildungen: © 2020 Pascal Bresson, Sylvain Dorange & La Boîte à Bulles / Carlsen

Der Comic erzählt auch davon, wie Beate Klarsfeld noch am Abend des 7. Novembers von einem Schnellgericht zu einem Jahr Haft ohne Bewährung verurteilt wurde (und die Strafe nicht antreten musste, weil sie auch die französische Staatsbürgerschaft hatte). Die Presseberichte, die Klarsfelds Ohrfeige generierte, trugen dazu bei, dass nach der Bundestagswahl 1969 Willy Brandt anstelle von Kiesinger Bundeskanzler wurde.

Beate und Serge Klarsfeld: Die Nazi-Jäger

Ausführlich wird durch Rückblenden auch die Vorgeschichte der Ohrfeige erzählt. In stimmungsvollen Bildern kann miterlebt werden, wie die junge Beate Künzel in Paris Serge Klarsfeld kennen und lieben lernte. Gezeigt wird auch, wie Beate und Serge Klarsfeld nach ihrer Hochzeit 1966 zu einem Empfang in die deutsche Botschaft in Paris eingeladen wurden, wo sie Willy Brandt trafen.

Beate und Serge Klarsfeld: Die Nazi-Jäger

Doch – quasi als Rückblende in der Rückblende – reisen Bresson und Dorange noch sehr viel weiter zurück in der Zeit. 1943 in Nizza musste Serge, der sich mit Mutter und Schwester in einem Schrank versteckte, miterleben, wie die Gestapo seinen Vater abtransportierte, bevor dieser in Ausschwitz ermordet wurde.

Beate und Serge Klarsfeld: Die Nazi-Jäger

Die tragische Vergangenheit ihres Mannes führte dazu, dass Beate Klarsfeld die herrschenden Verhältnisse in ihrem Heimatland sehr kritisch betrachtet. Die Ohrfeige erst der Anfang, denn die Klarsfelds begannen damit, Alt-Nazis ausfindig zu machen, die unbehelligt weiter ihr Gift verbreiteten. Viel Überzeugungsarbeit war nötig, um die Regierungen von Deutschland und Frankreich dazu zu bringen, Anklage gegen Kriegsverbrecher zu erheben. Höhepunkt der Bemühungen war, als der sogenannte “Schlächter von Lyon“ Klaus Barbie, den die Klarsfelds bereits 1972 in Bolivien ausfindig gemacht hatten. 15 Jahre später in Frankreich zu lebenslanger Haft verurteilt wurde.

Beate und Serge Klarsfeld: Die Nazi-Jäger

Die deutsche Ausgabe von Carlsen enthält ein Vorwort von Serge Klarsfeld und einen Anhang mit interessanten Aufnahmen aus den Fotoalben des Ehepaars. Dies verstärkt den Eindruck, dass Bresson und Dorange sehr sorgfältig recherchiert haben. Auf knapp 200 Seiten – wobei Beate Klarsfelds Bundespräsidenten-Kandidatur von 2012 noch nicht einmal erwähnt wird – gelang die spannende, menschlich anrührende, aber auch sehr aufschlussreiche Dokumentation einer beeindruckenden Lebensleistung.

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