Am Ende seines Comic-Bildbandes Havanna: Eine kubanische Reise schildert Reinhard Kleist wie er fiktive Diskussionen mit dem in Kuba auf allerlei Plakaten allgegenwärtigen Fidel Castro führte. Noch im Flugzeug ruft ihm dessen Foto aus der Parteizeitung entgegnet: “Was hast Du schon gesehen von unserem Land? Was maßt du dir ein Urteil an?! Letztlich bist du nur ein Tourist…“
Doch während er im Comic Havanna eher als Beobachter tätig war, traut sich Kleist jetzt ein eigenes Urteil zu. Er erzählt nicht nur die Biografie von Castro, sondern auch von den Auswirkungen seiner Revolution auf die kubanische Bevölkerung.
Unterstützung fand er beim Castro-Biografen Volker Skierka, der für den WDR einen viel beachteten Dokumentarfilm über den Maximo Leader produzierte. Im Vorwort schreibt Skierka, dass “die Erzählweise eines Comics Spielräume für fiktive Wahrheiten und Schlussfolgerungen eröffnet, wie sie im Sachbuch nicht erlaubt sind.“
In diesem Sinne erfand Kleist den deutschen Fotoreporter Karl Mertens, der Ende der 50er-Jahre nach Kuba kam, um Castro zu interviewen. Dort verfiel er nicht nur dem Charisma des Revolutionsführers, sondern verliebte sich auch in eine von dessen Mitkämpferinnen, namens Lara, Dr. Schiwago lässt grüßen. Mertens steht reichlich unkritisch zu den Spätfolgen der Revolution, wie die durch das US-Embargo ausgelöste Lebensmittelknappheit oder das Ausschalten von alten Kämpfern. Nach und nach entzweit ihn seine fast schon blauäugige Castro-Treue von Lara, die schließlich nach Miami flüchtet.
Dadurch, dass Castro nicht nur von Fidel sondern auch von Mertens erzählt, entstand eine sehr vielschichtige und alles andere als unkritische Biografie der kubanischen Revolution. Dass Kleist, der den Comic in eleganter Schwarzweiß-Grafik in Szene setzt, zudem noch ein begnadeter Zeichner ist, muss nach Cash, Der Boxer oder Der Traum von Olympia wohl nicht mehr erwähnt werden.
Castro erschien 2012 auch als Hardcoverband in der Reihe Süddeutsche Zeitung Bibliothek – Graphic Novels.
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