Irma la Douce

Für so manchen Zuschauenden wird diese 1963 entstandene Komödie ein Musterbeispiel dafür sein, wie in Hollywood – bereits ein Vierteljahrhundert vor Pretty Woman – Prostitution völlig unkritisch als amüsanter Background einer Love Story eingesetzt wurde. Doch diese Ansicht greift etwas kurz, denn Irma la Douce ist wenig mehr als ein eher unscheinbarer Mosaikstein innerhalb der farbenfrohen und organisch gewachsenen Filmografie des wohl besten Hollywood-Regisseurs.

1959 gelang Billy Wilder nach etlichen außergewöhnlichen Filmen, wie Fünf Gräber bis Kairo, Frau ohne Gewissen oder Eine auswärtige Affäre, mit Manche mögen’s heiß sein größter Erfolg. Bereits ein Jahr später inszenierte er die Tragikomödie Das Appartement, die auch dank der großartigen Hauptdarsteller Jack Lemmon und Shirley MacLaine zu seinem absoluten Meisterwerk wurde.

Anschließend setzte Billy Wilder in Berlin die Politkomödie Eins, Zwei, Drei in Szene. Dieser fast nur von zynischen Charakteren bevölkerte Film feuert eine unglaubliche Menge an Pointen ab und macht sich dabei ebenso treffsicher wie zeitlos über den US-Kapitalismus, die UdSSR und die nicht wirklich entnazifizierten Bewohner der BRD lustig. Eins, Zwei, Drei kam 1961 pünktlich zum Bau der Berliner Mauer in die Kinos und kaum jemand wollte den Film damals sehen.

Bei seinem nächsten Film ging Wilder daher auf Nummer Sicher. Für die Hauptrollen verpflichtete er erneut MacLaine und Lemmon. Als dritter Hauptdarsteller sollte zudem noch Charles Laughton zum Einsatz kommen. Es lohnt sich die tragikomische Geschichte, warum dieser ebenso eigenwillige wie geniale Mime nicht zum Einsatz kam, an anderer Stelle nachzulesen.

Als Vorlage wählte Billy Wilder das erfolgreich in Paris, London und am Broadway aufgeführte Musical Irma la Douce. Aus der Hauptfigur, den armen Jurastudenten Nestor, der aus Liebe zur Prostituierten Irma zu deren Zuhälter wird, machten Wilder und sein Co-Autor I. A. L. Diamond einen Pariser Polizisten, der wegen seines Idealismus und seiner Naivität den Job verloren hat.

Während diese Änderung dem Film zusätzliche Würze verliehen hat, verwundert die Tatsache, dass Wilder auf alle Gesangseinlagen verzichtete und quasi ein Musical ohne Songs drehte. Dennoch hatte der Film eine Laufzeit von 135 Minuten und – anders als sonst bei Wilder – zündeten längst nicht als Gags. Wilder selbst war völlig klar, dass er diesmal kein Meisterwerk gedreht hatte.

In einem im Bonusmaterial der Blu-ray enthaltenen Interview wunderte er sich zunächst etwas darüber, dass Das Mädchen Irma la Douce sein größter Erfolg in den Kinos der Bundesrepublik war. Doch anderseits war ihm bewusst, dass das damalige Publikum seinen Spaß an “Klamotten“, also plumpen Klamauk, hatte. Daher fand seine Satire Eins, Zwei, Drei erst in den Achtzigern in den westdeutschen Programm- und Studentenkinos ein begeistertes Echo.

Wilder nutzte den kommerziellen Erfolg von Irma la Douce um anschließend wieder einen gewagten und deutlich weniger liebenswerten Film zu drehen. Auch die bitterböse Komödie Küss mich, Dummkopf mit Dean Martin und Kim Nowak war ihrer Zeit weit voraus und floppte daher 1964 in den puritanischen USA. Dieses und weitere interessante Spätwerke von Wilder wie Das Privatleben des Sherlock Holmes oder Avanti, Avanti! wären wohl ohne dessen letzten Blockbuster Irma la Douce nie entstanden.

Bei Plaion ist ein optimal ausgestattetes Mediabook von Irma la Douce mit Blu-ray und DVD erschienen. Der Text im Booklet stammt von Bianca Jasmina Rauch. Das Bonusmaterial ist sehr sehenswert. Neben Dokus über Jack Lemmon (51:39 min) und Shirley MacLaine (51:03 min) ist ein Ausschnitt aus einem Interview mit Billy Wilder (7:39 min) und eine Galerie mit 174 Werbematerialien enthalten.

Bemerkenswert sind auch der deutsche und der US-Trailer (jeweils 3:55 min), die größtenteils als Zeichentrick realisiert wurden.

“Das Mädchen Irma la Douce“ als Mediabook Blu-ray und DVD bei AMAZON bestellen, hier anklicken

“Das Mädchen Irma la Douce“ als DVD bei AMAZON bestellen, hier anklicken

“Das Mädchen Irma la Douce“ bei AMAZON PRIME gucken, hier anklicken