Bernie Wrightson: Frankenstein

1983 erschien in den USA bei Marvel eine von Bernie Wrightson (Swamp Thing) illustrierte Ausgabe von Mary Shelleys Klassikers Frankenstein. Der Comickünstler wurde ohne Zweifel von James Whales klassischen Universal-Filmen mit Boris Karloff inspiriert.

Doch Wrightons Darstellung des “Monsters“ weicht deutlich von Karloffs Interpretation ab. Sein künstlich zum Leben erweckter Mensch wirkt feingliederiger, sensibler und sein Leiden dadurch nachvollziehbarer.  

Für Wrightson war dieses Projekt eine Herzensangelegenheit. Er stellte bereits 1977 das erste von drei limitierten Portfolios mit sechs unglaublich detailfreudig zu Papier gebrachten Frankenstein-Illustrationen fertig, um sein zeitaufwändiges Projekt zu finanzieren.

Eigentlich sollten neben Shelleys Roman, der in der zweiten Version von 1831 veröffentlich wurde, fünfzig großformatige schwarzweiße Illustrationen zum Abdruck kommen, die Wrightson so anlegte als wären sie zeitgleich zur Veröffentlichung von Frankenstein entstanden. Doch die Erstausgabe enthielt nur 43 Zeichnungen.

Grundlage der jetzt endlich auf Deutsch vorliegenden deutschen Ausgabe ist die 2008 bei Dark Horse veröffentlichte US-Edition mit 47 Illustrationen. Dabei fällt auf, dass sich Wrightson nicht nur auf ikonische Horrormotive, wie der Erschaffung des Monsters inmitten eines mit allerlei Seltsamkeiten ausgestatteten Labors, konzentriert hat.

Auch der beständig grübelnde „Schöpfer“ Victor Frankenstein oder die auf hoher See, im ewigen Eis oder in wildromantischer Landschaft angesiedelten Romanpassagen werden adäquat bebildert.

Der Wandler Verlag hat für die deutsche Edition Goldschnitt spendiert und den Romantext um interessantes Bonusmaterial ergänzt. Neben aussagekräftigen Infos zu Leben und Werk von Mary Shelley ist auch ein Vorwort von Stephen King enthalten, mit dem Wrightson u. a. bei Creepshow und Der Werwolf von Tarker Mills zusammenarbeitete.

Kurz vor seinem Tode kehrte Bernie Wrightson noch einmal zum Monster zurück. Mit Frankenstein Alive, Alive! schuf er eine Art Fortsetzung. Diese entstand jedoch in Zusammenarbeit mit dem Autoren Steve Niles (30 Days of Night) und erlebte seine Premiere bei IDW in Form von vier Comicheften.        

Hier wird davon erzählt, dass das Monster doch noch eine lebenswerte Existenz gefunden hat. Inmitten von Zeitgenossen, die von der Gesellschaft als Außenseiter betrachtet werden, zieht das Monster mit einer “Freakshow“ über die Jahrmärkte. Obwohl es sich in seiner neuen Umgebung sehr wohlfühlt, sind die düsteren Erinnerungen nicht verblasst.

Nach den von Mary Shelley geschilderten Ereignissen hatte das Monster bereits zuvor im geräumigen Haus, des sich liebevoll um seine kranke Frau kümmernden Dr. Ingles, eine scheinbar perfekte Heimstätte gefunden. Doch der Eindruck täuschte, denn der Doktor führte noch perversere Experimente durch als einst Victor Frankenstein…

Sehr tragisch ist, dass der 2017 verstorbene Wrightson die Vollendung von Frankenstein Alive, Alive! nicht mehr erleben konnte. Nachdem sich abzeichnete, dass er infolge eines Hirntumors nicht mehr lange zu leben hatte, fertigte er für das vierte und letzte Heft der Serie detaillierte Skizzen an und die Fertigstellung vertraute er seinem Freund Kelley Jones an, der zuvor auch bereits Swamp Thing gezeichnet hatte.

Ursprünglich sollte auch Wrightsons illustrierter Frankenstein bei Splitter erscheinen. Doch als dies nicht zustande kam, war es für den Bielefelder Verlag Ehrensache Wrightsons letztes Werk zu veröffentlichen. Für die schöne Hardcoveredition spricht, dass sie auch die Skizzen von Wrightson enthält, die zeigen wie perfekt Kelley Jones dessen Artwork finalisierte und die Geschichte zu Ende erzählte.   

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